Gegenrichtung

Nistler Martin, Dienstag, 28. März 2017, 15:06 (vor 2801 Tagen)

Möchte gerne von Euch wissen, warum ich nicht von Venedig nach München laufen sollte, also andersrum
ernsthaft, wer hat das schon gemacht und was sprichtdafür bzw dagegen
SG Martin

Gegenrichtung

Thomas M, Dienstag, 28. März 2017, 23:38 (vor 2801 Tagen) @ Nistler Martin

Von Venedig nach München zu wandern ist theoretisch denkbar, würde aber gegen alle Gesetze der Ästhetik verstoßen. Man wandert nicht 500km, nur um nach den letzten Kilometern auf asphaltierten Wegen entlang viel befahrener Straßen durch mittelmäßige Häuserschluchten am Marienplatz anzukommen und dort neben dem hässlichen Kaufhof in die U- und S-Bahn-Schächte zu schauen. Zur Ankunft in Venedig, "der unwahrscheinlichsten der Städte" (mit dem Schiff natürlich!), siehe dagegen die verbindliche Beschreibung bei Thomas Mann, "Der Tod in Venedig".

Gegenrichtung

OlliK, Mittwoch, 29. März 2017, 09:25 (vor 2800 Tagen) @ Thomas M

Hallo Martin,

dann kann ich Thomas zu zustimmen, aber vielleicht hilft dir folgende Antwort weiter:

Sicherlich kann man vom Grundsatz her den Weg in beiden Richtungen gehen. Will heißen, wenn ich von München nach Venedig laufen kann, dann kann ich selbstverständlich auch von Venedig nach München laufen.
Nur, wie gesagt, der Ahaeffekt, wenn man nach knapp vier Wochen laufen plötzlich am Mittelmeer ankommt, seine Wanderstiefel auszieht und plötzlich mitten in der Adria steht, der fehlt. Irgendwie kommt man sich zwischen den Touristen in Shorts und Bikini fehl am Platz vor und wir neugierig gemustert. Das alles ist einfach ein Wahnsinns Gefühl. Es ist alles irgendwie surreal. Und ich finde, dieser Moment macht München Venedig einfach aus. Ich persönlich habe diesen Moment mehr genossen, als der Ankunft in Venedig. Dies hatte natürlich auch seinen Charme, vor allem der Stadt wegen, aber man nach Wochen in den Bergen wieder mitten im Touristenrummel. Und das sind nicht gerade wenige. Um das zu umgehen habe ich eine Übernachtung in Punta Sabbione drangehangen, bin morgens mit der ersten Fähre rüber und hatte den Marienplatz noch nicht so überlaufen. Ich habe dann des Rest des Tages damit verbracht mir Venedig anzuschauen und bin schließlich mit dem Nachtzug zurück nach München.

Soviel zur Gefühlsebene und weiter zur technischen Seite. Wie gesagt technisch gesehen ist das machbar und bietet sicherlich hin und wieder Vorteile. Die Vorteile sind folgende:

  • Man trifft immer Wanderer, die den Weg in der vorgeschriebenen Richtung gehen und man kann sich immer Tipps für die kommende Wegstrecke holen.
  • Die Schlüsselstellen Marmolklettersteig und Friesenbergscharte können im Aufstieg bewältigt werden, womit die meisten weniger Probleme haben, als beim Abstieg. Man muss aber auch dabei bedenken, dass im teilweise engen Klettersteig immer noch Restschneefelder sind. Also bitte vorher schlau machen!
  • Die Wetterlage in den Nordalpen ist in der Regel später im Jahr stabiler.
  • Man kommt, in München angekommen, schneller nach Hause.

Wie gesagt. Es gibt hier nicht richtig oder falsch. Ich habe letztes Jahr Ende Juli zwei Jungs in Vorderriß getroffen, die von Venedig kamen und konnte mir ein paar nützliche Tipps abholen. Die Beiden konnten aber Anfang Juli noch nicht den Klettersteig laufen und sind außen herum.
Wenn man im München startet wird man immer wieder bekannte Gesichter sehen und sich vielleicht sogar einer Gruppe anschließen. Andersherum ist man mehr "allein" für sich.

Ich hoffe ich konnte deine Frage damit beantworten.

Gruß OlliK

Gegenrichtung

Toyotama, Mittwoch, 29. März 2017, 15:37 (vor 2800 Tagen) @ Nistler Martin

Ich bin vor neun Jahren die "Normalrichtung" gegangen und vor 7 Jahren die Gegenrichtung (mit Verlängerung über Prag bis zum Kap Arkona auf Rügen)
Hier als Gegengewicht die Vorteile (die vermeintlichen Nachteile haben ja schon andere geschrieben)

  • Man geht wirklich weitgehend alleine.
  • Man trifft gegebenenfalls nicht jeden Abend die gleichen Menschen, die man vielleicht nicht treffen will.
  • Man trifft abends Menschen, die einem recht aktuell sagen können, was einen am nächsten Tag erwartet.
  • Das Licht ist ein anderes
  • Nach Hause kommen (oder noch weiter laufen, wie ich,) ist auch schön!


Hinweis:
Die Wegfindung ist von Venedig nach Belluno etwas kniffeliger, weil man die Beschreibung "rückwärts lesen muss", ist aber alles machbar.
Manche Etappen sind in Gegenrichtung einfacher, andere etwas anstrengender.

Über die Suchfunktion (oben rechts) kannst du meine und andere ausführliche Beiträge zu dem Thema finden!!!

Wenn ich in 6 Jahren in Rente bin, will ich den Weg noch einmal gehen - wieder in Gegenrichtung!!!

Gegenrichtung

Daniel @, Mittwoch, 29. März 2017, 21:24 (vor 2800 Tagen) @ Nistler Martin

Hier gibt es bereits erste Bestrebungen von Italienischer Seite den Gegenweg bekannt zu machen. Zumindest an der Isar kann man ab und zu einen neuen Italienischen Aufkleber für Venedig - München finden.
Der Weg hat in beide Richtungen seine Vor und Nachteile (siehe die anderen Kommentare). Ich fand es sehr praktisch mich mit den gegenläufern zu unterhalten. Man konnte sich gegenseitig Tipps zu Wegen, Verpflegung, Gefahren ... geben. Von abweichenden guten Übernachtungsmöglichkeiten nicht zu sprechen.
Das man in Gegenrichtung etwas mehr Höhe ansteigen muss, spielt auf der Strecke fast keine Rolle ;-)
Ein Bad im Flaucher und nen kühles Bier in einem Biergarten kann auch als Ziel dienen. Wäre für mich aber nicht so attraktiv wie ein Glas Wein an der Adria.
Der große Knackpunkt ist jedoch wie bereits erwähnt, du wirst zu 99% alleine unterwegs sein (wenn du nicht selbst mit einer Gruppe startest).

Gegenrichtung

Toyotama, Donnerstag, 30. März 2017, 16:19 (vor 2799 Tagen) @ Daniel

Der große Knackpunkt ist jedoch wie bereits erwähnt, du wirst zu 99% alleine unterwegs sein (wenn du nicht selbst mit einer Gruppe startest).

Ja, - und dann ist nämlich die Frage: ist es wirklich ein Knackpunkt oder nicht?
Für mich war es eben das große Glück zu 99% allein zu sein!!!:-D

Summa summarum: Gegenrichtung

K2 @, Sonntag, 02. April 2017, 10:40 (vor 2796 Tagen) @ Nistler Martin

Zwischenzeitlich waren einige ja schon fleißig am Antworten, ich fasse nochmal kurz stichpunktartig und mit ein paar eigenen Ergänzungen zusammen ...

Für/Wider Venedig-München:

- Ästhetik vom Fluß ans Meer zu wandern
- Ästhetik in die Ferne/ins Unbekannte zu gehen (deswegen ist der Anteil an Italienern und den "Gegenläufern" höher oder man geht eben über München hinaus bis Prag, Ostsee, ...)
- Venedig schöneres Ziel
- Wegbeschreibungen der Führer alle gen Süden

+/- umgekehrte Etappen-Topologie
+/- man geht alleine (für viele (ungeübte) Weit-/Fernwanderer ist Psyche einer der Gründe aufzugeben, da helfen andere Menschen eher)
+/- man trifft nicht immer wieder die gleichen Menschen

+ entgegen kommende Wanderer geben immer aktuelle Infos über weiteren Weg
+ Schiara, Friesenbergscharte und Birkkarsattel können im Aufstieg gegangen werden
+ in der Regel kann man von Süden früher starten (das hat wohl z.B. Stefan Lenz (der Autor des Bruckmann-Führers und Betreiber des Forums hier) mal dazu bewogen
+ 3x pro Tag neue Bekanntschaften:
* Morgens diejenigen, die die eigene Etappe des Vortags nun gehen
* Tagsüber diejenigen, die die aktuelle Etappe in die andere Richtung gehen
* Abends diejenigen, die die eigene Etappe des nächsten Tages gingen
+ schattigere Nordseiten tendentiell weniger morgens, sonnige Südseiten weniger nachmittags

Schöne Grüße
K2.

Summa summarum: Gegenrichtung

kyr0, Freitag, 07. April 2017, 14:39 (vor 2791 Tagen) @ K2

Mit anderen Worten: Perfekt für Wanderer, die gern für sich sind und bereits Erfahrung haben (bestenfalls München - Venedig schon mal gegangen sind) ? :)

Summa summarum: Gegenrichtung

Toyotama, Freitag, 07. April 2017, 14:46 (vor 2791 Tagen) @ kyr0

Mit anderen Worten: Perfekt für Wanderer, die gern für sich sind und bereits Erfahrung haben (bestenfalls München - Venedig schon mal gegangen sind) ? :)


GENAU!!!! So ist es!!!!:-D
Zwei Jahre vorher war ich mit noch fast keiner Bergerfahrung die "Normalrichtung" gegangen.

Gegenrichtung

airwulf, Donnerstag, 13. April 2017, 23:33 (vor 2785 Tagen) @ Thomas M

HI ho servus...

sehe ich leicht anders.... aus meiner Erfahrung...

Bis zum MARIENPLATZ kann ich bis auf die letzten 10 Minuten direkt an der ISAR laufen.... Wunderschön...

Andersherum fand ich die letzten Etappen vor Venedig in der PIAVE Ebene nun wirklich sehr Asphaltreich :-)

Mein FINALE - letzter Tag sah so hier aus ;-)

https://youtu.be/8d3AZjkbhu4

viele Grüße und Waidmanns Heil

Ulf ;-)

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