Machbar?
Bennet, Sonntag, 01. Juli 2018, 19:10 (vor 2341 Tagen)
Hey Leute,
Ich würde gern die Alpen überqueren und zwar über den Traumpfad...
Ich bin mir aber einfach unsicher aufgrund mangelnder Erfahrung. Meine erste Fernwanderung war in diesem Jahr der Camino del norte mit ca. 830km. Ich hatte bei diesem Weg keinerlei Probleme, was Blasen, Muskel- oder Sehnenschmerzen anging. Bin da im Schnitt zwischen 20-30km gegangen - abhängig von der Herbergensituation. Diese waren mit minimalen Höhenmetern verbunden. Auf diesem Weg hab ich allerdings den krassen Bezug zu der Natur und die Berge vermisst. Diese würde es nun beim Traumpfad geben, allerdings in harter Ausführung. Bin mir noch unsicher, ob ich dem dann so gewachsen bin. Könnt ihr einem diesbezüglich etwas die Angst nehmen oder ratet ihr einem lieber ab, wenn es für einen die erste Alpinerfahrung ist?
Außerdem hätte ich eine Frage bezüglich der Herbergen/Hütten. Auf dem Camino habe ich gar nichts vorgebucht und bin spontan immer an einen Schlafplatz gekommen. Ist dies dort auch möglich oder muss man immer vorbuchen?
Vielen Dank für eure Antworten
Viele Grüße
Bennet
Machbar?
ChristopherMcCandless , Montag, 02. Juli 2018, 09:06 (vor 2340 Tagen) @ Bennet
Hallo Bennett,
ich habe den Traumpfad 2016 allein gemacht, den Camino del Norte 2017 mit meiner Freundin, und dieses Jahr machen wir zusammen nochmal den Traumpfad. Sie hat keine alpine Erfahrung, ist schon viel gewandert, aber auch immer eher nur eher flach (Jakobswege: Francés, Portugues, del Norte. Eifel, sächsische Schweiz, sowas die Kante). Ausgangssituation ist also schein-bar sehr ähnlich.
Folgende Gedanken kann ich Dir bei Deiner Entscheidung mit auf den Weg geben:
- Der Traumpfad ist nicht zu unterschätzen. Allerdings startet er eher gemütlich. Bis zum Karwendelhaus würde ich jedem Wanderer zutrauen (wer das anders sieht, mag mich hier gern korrigieren). Das ist nicht viel anspruchsvoller, als z.B. manche Etappen des Camino del Norte im Baskenland. Ab dort steigert sich dann der Anspruch. Und damit meine ich nicht nur konditionell, sondern auch was Trittsicherheit, Schwindelfreiheit, etc. anbelangt. Du kannst Dich auf den Weg machen und schauen, ab wann Dir der Weg zu schwierig wird. An vielen Stellen kann man mehr oder weniger lange alternative Wege wählen, um schwierige Passagen zu umgehen. Da müsstest Du Dich natürlich etwas ausführlicher vorbereiten, wo man was wie umgehen kann. Aber das Forum hier wäre ja der richtige Ort dafür.
- falls Du allein unterwegs bist: man trifft auf den Hütten ja dann doch immer wieder dieselben Wanderer. Wenn eine schwierige Etappe bevorsteht, dann verabrede Dich mit anderen für den nächsten Tag. Je nachdem, ob Du alpine Erfahrung hast, solltest Du solche Abschnitte nicht allein gehen (Friesenbergscharte, Roascharte, Nivesscharte). Oder, solange Du morgens nicht der letzte bist, warte vor den Schlüsselstellen einfach auf nachfolgende Wanderer. Anders als auf den Caminos kann ein falscher Schritt hier lebensbedrohliche Folgen haben! Ein weiterer Unterschied zu den Jakobswegen: der Ein-fluß des Wetters: es schlägt viel schneller um, morgens ist es unter dem Gefrierpunkt mit Eis und Schnee, mittags quält man sich in praller Sonne und Hitze die Berge hoch. Und Regen und Gewitter in den Bergen sind eine ganz andere Hausnummer, als in der Ebene!
Bzgl. Hüttenreservierungen kannst Du die Suche benutzen. In Kurzform: wenn Du DAV Mitglied bist (was Du auf jeden Falls sein/werden solltest) und allein unterwegs, dann kommst Du immer unter. Allein beim Karwendelhaus würde ich in jedem Fall vorher reservieren, vor allem, wenn Du am Wochenende dort ankommst.
Hilft Dir das weiter?
LG!
P.S. wann willst Du los?
--
Traumpfad 2016 +++ Camino del norte 2017 +++ Traumpfad 2018 +++ Weltreise mit dem Bulli (VW T3) 2019
Besucht uns auf unserem Blog: http://vagabulli.de
Machbar?
OlliK, Montag, 02. Juli 2018, 14:34 (vor 2340 Tagen) @ ChristopherMcCandless
Hallo Bennet,
ich kann mich den Ausführungen von Christopher nur anschließen. Und zwar in jedem Punkt. Wenn du noch Fragen hast, oder mehr Details wissen willst, dann schau mal weiter im Forum. Dort findest du den Link zu meinem Ebook, dort ist vieles detailliert erklärt.
Euch eine wunderschöne Tour.
LG Olli
Machbar?
Bennet, Montag, 02. Juli 2018, 16:48 (vor 2340 Tagen) @ ChristopherMcCandless
Hey Christopher,
vielen vielen Dank für die ausführliche Antwort. Das hilft mir auf jeden Fall schon mal weiter.
Es klingt schon nach einer ganz anderen Nummer als der del norte, aber genauso hätte ich mir das auch vorgestellt, bzw. finde ich eben diese Herausforderung sehr spannend!
Ich würde wenn auch alleine starten, da ich niemanden finden werde, der so viel Zeit aufbringen kann.
Ich weiß, dass es vielleicht bescheuert klingt, aber auch ich habe nur noch dieses Jahr erstmal so viel Zeit - und zwar hab ich bis Oktober noch komplett frei und wollte diese Zeit eben sinnvoll nutzen und daher hab ich mich auf die Suche nach weiteren Fernwanderungen gemacht, weil mir der del norte gefallen hat, und bin eben dabei auf den Traumpfad gestoßen.
Vielen Dank nochmal
Bennet
Machbar?
ChristopherMcCandless , Montag, 02. Juli 2018, 17:43 (vor 2340 Tagen) @ Bennet
Ach, ich finde das nicht bescheuert.
Die wichtigste Fähigkeit, die Du haben solltest ist einschätzen zu können, wie weit Du gehen kannst und Dich im Fall der Fälle den Mut und die Vernunft hast, aufzuhören/umzuplanen. Es ist kein Camino, aber es ist machbar. Falscher Ehrgeiz wäre nur fatal.
Geh am besten im August, wenn Du kannst, vorm 08.08.,denn da startet immer eine große Gruppe in München, d.h. die Hütten wären wahrscheinlich leerer ;)
Viel Erfolg, es wird wundervoll!
--
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BitPoet , Montag, 02. Juli 2018, 18:26 (vor 2340 Tagen) @ ChristopherMcCandless
Geh am besten im August, wenn Du kannst, vorm 08.08.,denn da startet immer eine große Gruppe in München, d.h. die Hütten wären wahrscheinlich leerer ;)
Vorsicht, das ist - laut Aussagen von so ziemlich allen Hüttenwirten entlang der nördlichen Hälfte des Wegs - eher ein Trugschluss, denn das ist die Haupturlaubszeit und die Gäste kommen auch ohne München-Venedig zu laufen. Dem Andrang aus dem Weg gehen kann man nur, wenn man wirklich in der Nebensaison geht, d.h. Start Ende Juni oder Anfang September, mit allen anderen Risiken, die man dabei eingeht, wie z.B. Altschneefelder bis in den Juli hinein oder dass die ein oder andere hoch gelegene Hütte im Süden schon schließt falls sich die Tour etwas in die Länge zieht.
Mitte Juli bis Ende August ist das Gewitterrisiko höher und es kommt gerne mal eine Kaltfront durch, die (wie letztes Jahr im August 2x) höhere Übergänge (z.B. Birkkar, 7 Tuxer Summits, Roa-Scharte) für ein, zwei Tage unpassierbar machen kann. Früher gehen heißt ggf. auch, in der Maria-Himmelfahrts-Woche in den Dolomiten zu sein. Dort ist dann aber auch ganz Norditalien versammelt und die Schlafplatzsuche kann schon mal zum Roulettespiel werden.
Von daher ist später gehen (Mitte bzw. Ende August) oft der beste Plan. In vielen Bundesländern enden dann schon wieder die Ferien, und in den meisten Jahren ist der September vom Wetter her der stabilste Monat - Ausnahmen bestätigen wie immer die Regel und alle paar Jahre hängt mal im September ein Regentief "stabil" über den Alpen. Klar, oben ist es dann schon etwas frischer, dafür ist aber die Fernsicht auch deutlich besser und der Wind im Durchschnitt weniger.
Ich will auch den August niemandem ausreden, ich bins selber im August gelaufen und es war toll. Nur die Erwartung einer halbleeren Hütte sollte man im August nie haben, egal ob vor oder nach dem 8.8.
Machbar?
ChristopherMcCandless , Dienstag, 03. Juli 2018, 08:13 (vor 2339 Tagen) @ BitPoet
Ja, da hast Du natürlich Recht. Ich meinte auch nicht 'halbleere Hütten', das ist wohl falsch rüber gekommen. Ich bin 2016 Anfang August gelaufen und bin immer ohne Probleme untergekommen (bis auf besagtes Karwendelhaus, wo ich aber reserviert hatte). Ich wollte damit nur sagen, dass man ggf. nicht genau mit der großen Gruppe am 08.08. loslaufen sollte, sofern man das nicht unbedingt möchte. Sorry für das Mißverständnis.
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